Das Haus am Miettingerplatz stand nach dem Tod meiner Großmutter lange leer: im Garten wucherten Rosen und Gestrüpp, das Haus bewahrte eine verlassene Ordnung: leere Zimmer voller Erinnerungen, kahle Stellen an den Wänden und verwaist ihr bevorzugter Platz auf dem Sofa: ein Bild, das noch im Jahr vor ihrem Tod entstand und doch bereits ihre Abwesenheit anzeigt: Demenz. Wollte man auch nur ein Detail dieser Welt verändern, drohte sie damit, in den See zu gehen. Der Garten indes wuchs weiter: zur Gartenarbeit, die immer auch Trauerarbeit war, kehrte ich jahrelang regelmäßig mit meinen Eltern zurück zum verlassenen Anwesen am Bodensee und stutzte und vermaß die Vergangenheit. Dann wurde das Grundstück verkauft, das Haus abgerissen. Auf dem Gelände stehen heute neue Wohnungen. Die Rosen meiner Großmutter haben im Pasinger Garten meiner Eltern ein neues Zuhause gefunden.